Gedenken Else Bergmann

Eine Familie posiert für ein Foto
Else Bergmann, die Ehefrau des evangelischen Pfarrers in Hallstatt, Hellmuth Bergmann war nach nationalsozialistischer Definition „Volljüdin“. Da sie mit einem „Arier“ verheiratet war, waren sie und die gemeinsamen Kinder anfangs vor Verfolgung geschützt. 

Die antisemitischen Anfeindungen wurden heftiger und die Familie wurde aus dem öffentlichen und sozialen Leben ausgeschlossen.
Unter anderem mussten die älteren Kinder das Gymnasium verlassen. 

Die Familie lebte zurückgezogen und versuchte, da sie auch weniger Lebensmittelzuteilungen erhielten, über die Runden zu kommen.
Im Februar 1945 erging an alle Gendarmerieposten der Gestapo-Befehl, die in „Mischehen“ lebenden Jüdinnen zu verhaften und nach Linz zu überstellen.
Else Bergmann sollte, wie Frau Mühlbacher und Frau Wagner aus Bad Ischl, ebenfalls verhaftet werden, doch sie durfte die Nacht noch zu Hause verbringen, um sich von der Familie zu verabschieden. Am darauffolgenden Tag sollte auch sie nach Linz überstellt werden. 

Else Bergmann nutzte die Gelegenheit und täuschte ihren Selbstmord im Hallstättersee vor.
Selbst die zwei jüngeren Kinder wurden im Glauben gelassen, die Mutter sei tot. Else nahm die Identität ihrer Schwester an, die bereits 1933 Selbstmord verübt hatte, nachdem sie im Zuge der Machtübernahme der Nationalsozialisten ihren Posten als Krankenschwester verloren hatte. 

Mit den Papieren ihrer Schwester, die noch ohne „J“ gekennzeichnet waren und in ihrer Krankenschwestern-Tracht (Else Bergmann war früher selbst einmal Rot-Kreuz-Schwester) fuhr sie mit dem ersten Zug von Steeg aus nach Attnang-Puchheim und weiter nach Bayern.

In Passau meldete sie sich im Städtischen Krankenhaus und arbeitete dort nicht „versteckt“, sondern mit falscher Identität von 12. Februar 1945 bis Kriegsende als Pflegerin.
Am 21. Mai 1945 brachte sie ein Jeep der US-Army nach Hallstatt zu ihrer Familie zurück.

Einige Jahre nach dem Krieg wanderten ihre Kinder in die USA aus und Else Bergmann folgte ihnen Anfang der 1950iger Jahre.
Sie starb 1974 in den USA. Ihre Urne wurde an den Hallstättersee gebracht und am kleinen evangelischen Friedhof in Obertraun beigesetzt.


Text:
Mag.a Nina Höllinger, Zeitgeschichte Museum Ebensee

Literatur/Quellen:
Franz Severin Berger, Christiane Holler, Überleben im Versteck. Schicksale in der NS-Zeit, Wien 2002.
Christopher New, Die Kaminsky-Taktik. Zürich 2006.

Video: 
Nikolai New, der Enkelsohn von Else Bergmann, spielt Bach für seine Großmutter. Johannes Krisch und Larissa Fuchs lesen aus dem Roman "Die Kaminsky-Taktik", den Christopher New, der Schwiegersohn von Else Bergmann, über die Familiengeschichte geschrieben hat.

Dieses Video entstand im Rahmen von Teresa Distelbergers Projekt "Vielschichtige Geschichte(n)" beim Festival der Regionen 2021. Die Initiative zu der Gedenktafel beim Eingang der evangelischen Kirche ist eine Kooperation der Künstlerin mit dem Kulturverein kunterbunt KulturBunt Hallstatt und dem Zeitgeschichte Museum Ebensee, finanziert von der Evangelischen Pfarrgemeinde Hallstatt und der Gemeinde Hallstatt.